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Fakultät für Biologie

Pflanzen erinnern sich an Trockenheit

29.03.2021

Bei Trockenheit benutzen Pflanzen ein von Tieren bekanntes Signalmolekül, um ihren Wasserverlust zu begrenzen. Es verschafft ihnen eine Art Gedächtnis dafür, wie trocken der Tag war.

Bei Trockenheit wird das Signalmolekül GABA gebildet und hemmt die Öffnung der Blattporen (links). Wird das Enzym GAD2, das Glutamat zu GABA umwandelt, genetisch ausgeschaltet, bleiben die Poren auch bei Trockenheit offen – die Pflanzen verlieren mehr Wasser (Mitte). Schleust man das Gen für GAD2 wieder in die Schließzellen ein, wird der Defekt aufgehoben. Das Experiment zeigt, dass die Schließzellen autonom Stress wahrnehmen und mit GABA-Produktion darauf reagieren.
Bei Trockenheit wird das Signalmolekül GABA gebildet und hemmt die Öffnung der Blattporen (links). Wird das Enzym GAD2, das Glutamat zu GABA umwandelt, genetisch ausgeschaltet, bleiben die Poren auch bei Trockenheit offen – die Pflanzen verlieren mehr Wasser (Mitte). Schleust man das Gen für GAD2 wieder in die Schließzellen ein, wird der Defekt aufgehoben. Das Experiment zeigt, dass die Schließzellen autonom Stress wahrnehmen und mit GABA-Produktion darauf reagieren. (Bild: Rainer Hedrich / Universität Würzburg)

„Ich erforsche seit über 35 Jahren, wie Pflanzen ihren Wasserhaushalt regulieren. Dass wir jetzt unerwartet auf eine völlig neue Strategie des Wassersparens gestoßen sind, gehört zu den größten Überraschungen in meinem Forscherleben.“ Das sagt Professor Rainer Hedrich, Pflanzenwissenschaftler und Biophysiker von der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg.

Hedrichs Gruppe hat diese neue Strategie gemeinsam mit einem Team von der Universität Adelaide in Australien entdeckt. Die Ergebnisse sind im Journal Nature Communications veröffentlicht.

GABA-Menge als Stressgedächtnis

Die Publikation zeigt: Pflanzen benutzen das Signalmolekül GABA (Gamma-Aminobuttersäure), um sich an die Trockenheit eines Tages zu erinnern. Je trockener es ist, umso mehr GABA häuft sich im Lauf des Tages im Pflanzengewebe an. Und am nächsten Morgen entscheidet die GABA-Menge darüber, wie weit die Pflanze ihre Blattporen aufmacht. Die Öffnungsweite dieser Poren kann den Wasserverlust begrenzen.

GABA ist ein Signalmolekül, das auch bei Menschen und Tieren vorkommt: Es ist dort ein Botenstoff des Nervensystems. Pflanzen haben keine Nervenzellen und kein Gehirn. Und trotzdem taucht nun GABA auch bei ihnen im Zusammenhang mit gedächtnisähnlichen Vorgängen auf.

Rainer Hedrich nennt eine weitere Verbindung: Das Kurzzeitgedächtnis, mit dem die fleischfressende Venusfliegenfalle die Zahl der Berührungen durch ihre Beutetiere zählt, hängt vom Kalziumspiegel in der Zelle ab. Und der Kalziumspiegel ist es auch, der die enzymatische Biosynthese von GABA in Pflanzen reguliert.

Geringer Wasserbedarf, hohe Trockentoleranz

Die GABA-Wirkung wurde bei verschiedenen Ackerfrüchten nachgewiesen, wie Professor Matthew Gilliham von der Universität Adelaide erklärt: „Unter dem Einfluss von GABA schließen zum Beispiel Gerste, Saubohnen und Sojabohnen ihre Blattporen.“ Derartig reagieren auch Laborpflanzen, die durch Mutationen mehr GABA produzieren als normal. Diese Mutanten brauchen in Experimenten weniger Wasser und überstehen eine Trockenheit länger.

Die Wissenschaft kennt bei Pflanzen noch andere Signalstoffe, unter deren Einfluss sich die Blattporen schließen. Doch GABA setze auf einen komplett anderen Wirkmechanismus. Das erklärt der Erstautor der Veröffentlichung, Dr. Bo Xu vom Australian Research Council Centre of Excellence in Plant Energy Biology.

Dürretolerante Pflanzen für die Zukunft

Erkenntnisse über die Wasserspar-Mechanismen und die Trockentoleranz von Pflanzen werden in Zeiten des Klimawandels immer wichtiger. Schon seit einigen Jahren setzen zunehmende Hitze und Dürre vielen Nutzpflanzen zu. Bedroht sind auch die landwirtschaftlich nutzbaren Wasser-Ressourcen der Erde. Die Menschheit dürfte darum verstärkt auf Neuzüchtungen angewiesen sein, die mit möglichst wenig Wasser noch gute Erträge liefern.

Publikation

GABA signalling modulates stomatal opening to enhance plant water use efficiency and drought resilience, Nature Communications, 29. März 2021, Open Access:

https://doi.org/10.1038/s41467-021-21694-3

Kontakt

Professor Rainer Hedrich, Lehrstuhl für Botanik I (Pflanzenphysiologie und Biophysik), Universität Würzburg, T +49 931 31-86100, hedrich@botanik.uni-wuerzburg.de

Professor Matt Gilliham, Direktor des Waite-Forschungsinstituts, Universität Adelaide, T +61 8 8313 8145, Mobile +61 431 663 614, matthew.gilliham@adelaide.edu.au

Von Robert Emmerich

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