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Fakultät für Biologie

Kakao: Vielfältige Wechselwirkungen beim Anbau

14.09.2022

Beim Anbau von Bio-Kakao bestimmen viele Faktoren über den Ertrag. Ein internationales Forschungsteam hat jetzt wichtige Akteure und deren Auswirkungen identifiziert.

Der Riefenschnabelani ist häufig in den Kakaowäldern Nordperus anzutreffen. Zusammen mit Fledermäusen steigert er den Ertrag deutlich.
Der Riefenschnabelani ist häufig in den Kakaowäldern Nordperus anzutreffen. Zusammen mit Fledermäusen steigert er den Ertrag deutlich. (Bild: Justine Vansynghel / Universität Würzburg)

Ohne Insekten geht es nicht beim Kakao-Anbau – logisch. Schließlich sorgen sie dafür, dass die Blüten bestäubt werden und sich die wertvollen Kakaofrüchte, ein begehrter Rohstoff für die Nahrungsmittelindustrie, ausbilden. Untersuchungen in Indonesien hatten zwar in der Vergangenheit gezeigt, dass auch Vögel und Fledermäuse dazu beitragen können, den Ernteertrag zu erhöhen. Wie groß dieser Beitrag jedoch ist: Das zeigt eine neue Studie, die jetzt in der Fachzeitschrift Proceedings of the Royal Society B veröffentlicht wurde.

Sie ist das Ergebnis der Untersuchungen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universitäten in Würzburg, Göttingen und Wien sowie der Allianz of Bioversity International and CIAT. Verantwortlich für die Studie sind die Biologinnen Justine Vansynghel, Nachwuchsforscherin am Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) bei Professor Ingolf Steffan-Dewenter, und Carolina Ocampo-Ariza von der Abteilung Agrarökologie der Universität Göttingen.

Mal Schädling, mal Schädlingsbekämpfer

„Tiere wie Vögel, Fledermäuse und Insekten, aber auch Nager sind für die Agroforstwirtschaft von Kakao wichtig“, erklärt Justine Vansynghel. Auf der einen Seite können sie die Erträge steigern, beispielsweise indem sie die Pflanzen bestäuben oder als „biologische Schädlingsbekämpfungsmittel“ wirken. Auf der anderen Seite können sie den Ertrag senken, etwa wenn Eichhörnchen das wertvolle Saatgut rauben und lieber selbst verzehren.

Dass verschiedene Tierarten den Anbau von Kakao und den Ernteertrag beeinflussen, war bekannt. „Bislang war allerdings nicht klar, wie die einzelnen Beiträge all dieser Tiere zusammenwirken und wie weitere Faktoren, beispielsweise die Nähe der Anbaufläche zu einem Wald oder deren Beschattung, diese Beiträge beeinflussen können“, sagt Carolina Ocampo-Ariza. Im Rahmen ihrer jetzt veröffentlichten Studie haben die beiden Biologinnen deshalb die kombinierten Beiträge der Tiere zum Ernteertrag quantifiziert und erforscht, wie sich die Entfernung zum Wald und die Beschattung auf die Produktivität auswirken.

Die zentralen Ergebnisse ihrer Studie sind:

  • Die Höhe des Kakaoertrags hängt nicht nur davon ab, dass Fluginsekten vor Ort bei den Blumen und Bäumen unterwegs sind. Auch Vögel und Fledermäuse üben auf ihn Einfluss aus.
  • Haben Vögel und Fledermäuse Zugang zu den Bäumen auf den Anbauflächen, steigert das den Ertrag auf mehr als das Doppelte.
  • Auch Ameisen trugen positiv zum Kakaoertrag bei, allerdings nur bei solchen Betrieben, die sich in Waldnähe befinden.
  • Die Existenz von Eichhörnchen ist aus Sicht der Kakaobauern unerfreulich. Weil sie die Samen der Kakaobäume fressen, mindern sie den Ernteertrag. Allerdings „die Vorteile der biologischen Vielfalt überwiegen die Verluste, die von Eichhörnchen und anderen Nagern verursacht werden“, sagt die Biologin.
  • Und zuletzt: Wenn Kakaobäume im Schatten anderer Pflanzen wachsen, und fliegende Insekten besuchen die bluten, erhöht das ebenfalls den Fruchtansatz und damit – im Idealfall – den Ertrag.

Wieso steigt der Ertrag mit der Anwesenheit von Vögeln und Fledermäusen? Dazu hat Justine Vansynghel eine Theorie: „Es könnte sein, dass es mehr Spinnen und Ameisen gibt, wenn Insektenfresser wie Vögel und Fledermäuse fehlen“, sagt sie. Und, wenn auf dem Speiseplan von Spinnen und Ameisen wichtige Bestäuber stehen, könnte deren Fehlen zu einem geringeren Fruchtansatz. Darüber hinaus könnten Vögel und Fledermäuse auch auf direktem Weg an der Bekämpfung von Schädlingen beteiligt sind, wenn sie diese selbst fressen. Um diese Theorien zu bestätigen, seien jedoch weitere Untersuchungen erforderlich, so die Biologinnen.

Wieso Ameisen den Kakaoertrag steigern, wenn die Anbaufläche sich in Waldnähe befindet, ist ebenfalls nicht eindeutig geklärt. „Vermutlich übt die Nähe von Wäldern einen Einfluss darauf auf, welche Ameisenarten sich in den Kakaoanbaugebieten ansiedeln“, sagt Vansynghel. Denn von einigen Arten ist bekannt, dass sie den Kakaopflanzen Nutzen bringen.

Neue Impulse für den Bio-Kakao-Anbau

Kakaobäume sind ursprünglich in Südamerika beheimatet. Dort wachsen sie von Natur aus im Unterholz tropischer Regenwälder. In sogenannten Agroforstsystemen wird versucht, diese Bedingungen zu kopieren: Dort wird der Kakaobaum in der Regel im Schatten größerer Bäume gepflanzt. Das Forschungsteam hat 24 solcher Anlagen im Norden und im Süden Perus untersucht. Die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) hat das Projekt gefördert.

Die Ergebnisse der jetzt veröffentlichten Studie tragen nach Ansicht der beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu einem besseren Verständnis der Prozesse bei, die mit einer wildtierfreundlichen Landwirtschaft verbunden sind. Basierend auf diesen Erkenntnissen sei es möglich, Anbaustrategien so zu verändern, dass die Existenz unterschiedlicher Tierarten nicht nur akzeptiert, sondern im Idealfall sogar gefördert wird. Denn dies könne dazu beitragen, die Erträge von Bio-Kakao in seiner Herkunftsregion zu verbessern.

Originalpublikation

Quantifying services and disservices provided by insects and vertebrates in cacao agroforestry landscapes. Proceedings of the Royal Society B. https://doi.org/10.1098/rspb.2022.1309

Kontakt

Justine Vansynghel, Biozentrum, Universität Würzburg, justine.vansynghel@uni-wuerzburg.de

Carolina Ocampo-Ariza, Agroecology Group and Functional Agrobiodiversity Group, Universität Göttingen, carolinamaria.ocampoariza@uni-goettingen.de 

Weitere Bilder

Von Gunnar Bartsch

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