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Fakultät für Biologie

Lichtverschmutzung stört Nachtfalter auch im Dunkeln

09.10.2024

Die Lichtverschmutzung hat größere Ausmaße als gedacht: Nachtfalter verlieren nicht nur direkt unter Straßenlampen die Orientierung. Ihr Flugverhalten ist auch außerhalb der Lichtkegel gestört.

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Mittels Radar wurden die Flugbahnen einzelner Nachtfalter verfolgt. Links eine Hausmutter (Noctua pronuba) mit aufgeklebtem Transponder. (Bild: Jacqueline Degen / Universität Würzburg)

Die zunehmende Nutzung von künstlichem Licht in der Nacht gehört zu den dramatischsten menschengemachten Veränderungen auf der Erde. Straßenlampen und beleuchtete Gebäude verändern die Umwelt für nachtaktive Tiere maßgeblich.

Die Wissenschaft hat die Lichtverschmutzung als eine der Ursachen für den starken Insektenschwund der vergangenen Jahre ausgemacht: Viele nachtaktive Insekten fliegen zu den künstlichen Lichtquellen und umkreisen sie unaufhörlich. Sie werden dort zur leichten Beute für Fledermäuse und andere Räuber oder fallen irgendwann erschöpft zu Boden und sterben.

Eine Gruppe nachtaktiver Insekten, bei denen ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen ist, sind Nachtfalter. Ihr Verschwinden ist auch darum problematisch, weil sie eine Schlüsselrolle in Nahrungsnetzen und bei der Bestäubung von Pflanzen spielen.

Ergebnisse im Journal PNAS publiziert

Eine neue Studie zeigt jetzt, dass sich das Verhalten von Nachtfaltern nicht nur im Lichtkegel von Straßenlampen verändert, sondern auch außerhalb des beleuchteten Bereichs. Durchgeführt wurden die Experimente von einer Gruppe der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg in Kooperation mit Forschenden aus Berlin und Providence (USA). Die Ergebnisse sind im Fachjournal PNAS veröffentlicht.

„Wir stellten mittels Radarverfolgung fest, dass die Orientierung von Nachtfaltern auch außerhalb der Lichtkegel gestört ist: Die Flugbahnen der untersuchten drei Schwärmerarten und einer Gluckenart, für die wir sogar eine Barrierewirkung durch Straßenlampen nachweisen konnten, verliefen dort signifikant kurviger als normal“, sagt Dr. Jacqueline Degen, Leiterin einer Nachwuchsgruppe am Biozentrum der JMU.

„Überraschenderweise mussten wir unsere grundlegende Annahme, dass die meisten Individuen zu einer der Straßenlaternen fliegen würden, verwerfen“, erklärt die Würzburger Forscherin. Dies habe nur auf vier Prozent der untersuchten Individuen zugetroffen: „Dies legt nahe, dass die Auswirkungen der Lichtverschmutzung nicht nur auf die direkte Anziehung an Lichtquellen beschränkt sind, sondern deutlich weitreichender und komplexer sind als bisher vermutet.“

Flugverfolgung mit einem Radarsystem bei Marburg

Die Experimente fanden an einer Radaranlage in Großseelheim bei Marburg statt. Das harmonische Radar ist bislang das einzige Radarsystem, mit dem die Verfolgung kleiner Insekten über mehrere hundert Meter möglich ist. Die Forschungsgruppe beobachtete das Flugverhalten von insgesamt 95 Nachtfaltern bis zu einem Kilometer Entfernung zur Auflassstelle, die von insgesamt sechs Straßenlaternen in einem Abstand von 85 Metern umringt war.

Um die Insekten per Radar erfassen zu können, musste jedem einzelnen Nachtfalter ein Transponder aufgeklebt werden. Diese kleine Antenne ist 10,5 Milligramm leicht und zwölf Millimeter lang. Sie verändert das Flugverhalten der Nachtfalter in keiner Weise – das hatten die Forschenden zuvor in aufwändigen Kontrollexperimenten geklärt.

Wechselwirkung mit dem Mond

Was bei den Versuchen auch herauskam: Es gibt eine Wechselwirkung zwischen der Desorientierung der Nachtfalter durch künstliches Licht und dem Mond. Diese hängt davon ab, ob der Mond über oder unter dem Horizont steht. „Genau verstehen wir diese Wechselwirkung noch nicht“, sagt Jacqueline Degen. Doch im Lauf der weiteren Forschungen dürfte sich das ändern.


Publikation

Shedding light with harmonic radar: Unveiling the hidden impacts of streetlights on moth flight behavior. Jacqueline Degen, Mona Storms, Chengfa Benjamin Lee, Andreas Jechow, Anna Lisa Stöckl, Franz Hölker, Aryan Jakhar, Thomas Walter, Stefan Walter, Oliver Mitesser, Thomas Hovestadt, Tobias Degen. PNAS, 8. Oktober 2024, DOI 10.1073/pnas.2401215121

Kontakt

Dr. Jacqueline Degen, Biozentrum der Universität Würzburg, Lehrstuhl für Zoologie II (Verhaltensphysiologie und Soziobiologie), T +49 931 31-89017, jacqueline.degen@uni-wuerzburg.de

Webseite Dr. Jacqueline Degen

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Von Robert Emmerich

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